Interview VRP und CEO
Benedikt Goldkamp, Executiver Verwaltungsratspräsident und Dr. Rochus Kobler, CEO, beantworten Fragen zu Wachstumsraten, Aussichten, Erfolgen, Risiken, Nachhaltigkeit und wichtigen Entwicklungen.
Herr Goldkamp, welche Entwicklungen haben Sie im turbulenten Geschäftsjahr 2021 am meisten überrascht?
Benedikt Goldkamp Das waren wahrscheinlich die Probleme in den globalen Lieferketten, die auch bis heute noch anhalten. Zum Glück konnten wir für die meisten unserer Kunden Lösungen finden, die die Probleme abgefedert haben. Es gab auch positive Überraschungen. Für mich war es sehr schön zu sehen, dass unsere Mitarbeiter mit enormer kreativer Energie unsere Produkte und Dienstleistungen weiterentwickelt haben. In einer Zeit, wo man eigentlich nur digitale Kommunikationsmittel zur Verfügung hatte.
Phoenix Mecano wird − Ihre Worte − von globalen Megatrends getrieben. Welche Megatrends werden in der breiten Öffentlichkeit eher überschätzt oder unterschätzt?
Benedikt Goldkamp Ich glaube, unterschätzt wird der Trend zur Cyberkriminalität. Es gibt heute international tätige Verbrechersyndikate, die innerhalb von Sekunden teilweise Tausende von Firmen gleichzeitig angreifen können und das praktisch ohne Risiko, strafrechtlich belangt zu werden. Überschätzt wird wahrscheinlich der Trend zum Reshoring, also dem Kappen globaler Lieferketten. Arbeitsteilung ist seit den Tagen der industriellen Revolution eigentlich ein Instrument, um Armut zu bekämpfen und Wohlstand zu schaffen. Darauf sollte man nicht verzichten. Auch international nicht. In der heutigen Zeit geht es eher darum, dass man sich flexibel aufstellt, damit man auf unvorhersehbare Ereignisse reagieren kann und zentralistische Strukturen vermeidet.
Die Phoenix Mecano Gruppe ist bekannt für Ihre dezentralen Strukturen, ihre schlanke Organisation und ihre kurzen Entscheidungswege. Wie schafft und erhält man eine Unternehmenskultur, die eine solche Aufstellung ermöglicht?
Benedikt Goldkamp Zunächst einmal ist die dezentrale Struktur tief in der DNA der Phoenix Mecano verankert. Es braucht auch eine Kultur, die Fehler nicht von vorneherein vermeidet, sondern die es ermöglicht, aus Fehlern zu lernen. Es würde nämlich sonst verhindern, dass sich die Organisation weiterentwickeln kann. Man darf auch nicht versuchen, alles zu kontrollieren, sondern man muss den Mitarbeitenden echte Verantwortung übertragen.
«Mit unseren Technologien unterstützen wir unsere Kunden und erreichen so einen Impact, der weit über das hinausgeht, was wir bei einer reinen Fokussierung auf unsere eigenen Prozesse erreichen könnten.»
Benedikt A. Goldkamp
Exekutiver Präsident des Verwaltungsrates
Wie wichtig ist die Nachhaltigkeit für Phoenix Mecano und woran lässt sich das festmachen?
Benedikt Goldkamp Nachhaltiges Wirtschaften ist ein erklärtes Ziel unserer Gruppe. Wir verfügen bereits über wichtige Zertifizierungen und wir entwickeln auch interne Reporting Standards, um so unsere Fortschritte in diesen Bereichen messbar und sichtbar zu machen. Ganz wichtig ist auch, dass wir immer mehr Kunden aus Bereichen wie Umwelttechnik, Abfallentsorgung oder auch Erneuerbare Energien hinzugewinnen. Mit unseren Technologien unterstützen wir diese Kunden und erreichen so einen Impact, der weit über das hinausgeht, was wir bei einer reinen Fokussierung auf unsere eigenen Prozesse erreichen könnten.
Phoenix Mecano entwickelt sich gemäss eigenen Angaben zunehmend vom Komponentenhersteller zum Anbieter von Systemlösungen. Wo sieht man diesen Wandel besonders gut?
Benedikt Goldkamp Gerade hochinnovative Unternehmen bringen in immer kürzerer Kadenz ihre Produkte an den Markt. Da ist es wichtig, sich auf Zulieferer wie Phoenix Mecano abstützen zu können, die mit kompletten Baugruppen und System-Lösungen diesen Prozess unterstützen. Beispielsweise kürzen unsere kundenspezifisch bearbeiteten Gehäuse mit kompletter Zertifizierung diesen Prozess enorm ab. Oder wie bei DOT, wo wir kinematische Beschläge, Antriebskomponenten, Sensorik und elektronische Steuerungen den Kunden als Kit zuliefern, und sie sich dann nur noch auf das Design und eventuell die Polsterung der Produkte konzentrieren müssen.
Herr Kobler, Phoenix Mecano hat 2021 eine Aufholjagd hingelegt und hohe Steigerungsraten sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn erzielt. Welches waren die wichtigsten Wachstumstreiber?
Dr. Rochus Kobler Unsere hohen Wachstumsraten sind das Resultat unserer Wachstumsstrategie. Wir konnten sogar während der Pandemie-Zeit knapp wachsen, während der Industriesektor generell zweistellig zurückgefallen ist. Unser Wachstum basiert übrigens grösstenteils auf organischem Wachstum, und das erreichen wir durch die gezielte Vertiefung unserer Wertschöpfung und den Ausbau unseres Angebotes an Systemlösungen.
Auf welche im Geschäftsjahr 2021 erzielten Resultate oder Leistungen sind Sie besonders stolz?
Dr. Rochus Kobler In den letzten Jahren haben wir die Sparte Industrial Components neu ausgerichtet und im vergangenen Jahr ist es uns gelungen, den Turnaround dieser Sparte eindrücklich zu beweisen. Durch die Konsolidierung von Aktivitäten und die Fokussierung unserer Produktbereiche, der Produktsortimente ist es uns gelungen, fast 8% EBIT-Marge zu erreichen. Diese Reise geht weiter. Wir arbeiten weiter daran, die Profitabilität dieser Sparte zu steigern.
«Wir konnten sogar während der Pandemiezeit knapp wachsen, während der Industriesektor generell zweistellig zurückgefallen ist. Unser Wachstum basiert grösstenteils auf organischem Wachstum, und das erreichen wir durch die gezielte Vertiefung unserer Wertschöpfung und den Ausbau unseres Angebotes an Systemlösungen.»
Dr. Rochus Kobler
CEO
Phoenix Mecano hat sich die Schaffung von Werten durch Operational Exellence (J2OX) auf die Fahne geschrieben. Können Sie uns dafür zwei aktuelle Beispiel geben? Wie hat sich diese Initiative entwickelt?
Dr. Rochus Kobler Vor rund zehn Jahren haben wir die Initiative «Journey 2 Operational Excellence» (J2OX) gestartet. Im Kern geht es bei dieser Initiative um einen inkrementellen Kulturwandel. J2OX fördert eine Arbeitsphilosophie und Führungskultur im Streben nach kontinuierlicher Verbesserung. Sie fördert auch die Zusammenarbeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in funktionsübergreifenden Teams. Resultate davon sehen Sie auf unseren Shopfloors weltweit, in unseren Büros und Entwicklungsabteilungen. Am schönsten ist es aber, wenn Sie auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter treffen, die mit J2OX ihre persönliche Erfolgsgeschichte schreiben konnten und einen Beitrag zum Erfolg von Phoenix Mecano leisten konnten. Ich bin stolz darauf, sagen zu können, dass in den letzten zehn Jahren das Gedankengut von J2OX in jede Kapillare unserer dezentralen Organisation vorgedrungen ist.
In der Sparte DewertOkin Technology Group (DOT Group) hat sich das Betriebsergebnis deutlich reduziert. Was waren die Gründe?
Dr. Rochus Kobler DewertOkin ist der führende Anieter von Antriebssystemlösungen in der Möbelindustrie und die Möbelindustrie ist geprägt von globalen Wertschöpfungs
Wo sehen Sie für die Phoenix Mecano Gruppe in der Zukunft die grössten Chancen?
Dr. Rochus Kobler Wir investieren ganz gezielt in die Entwicklung von Systemlösungen für zukunftsträchtige Anwendungsgebiete. Denken Sie dabei an ergonomische Arbeitsplätze bei sich zu Hause, im Büro oder in industrieller Umgebung. Denken Sie auch an Digitalisierungslösungen in patientennahen Dienstleistungen oder an Mensch-Maschine-Schnittstellen. Phoenix Mecano ist hervorragend positioniert, um in diesen zukunftsträchtigen Feldern weiteres profitables Wachstum zu generieren.